Choreographed for and performed by the Bavarian State Ballet, Munich.
Choreography – Dustin Klein,
Music – Matthew Herbert,
3D & Video – PP&P / Paul Putzar, Nicolai Kovacs,
Costume/Stage design – Dustin Klein,
Lighting design – Christian Kass,
Actor – Luis Lüps,
Dancers – Jonah Cook, Erik Murzagaliyev, Matteo Dilaghi, Maria Daniele González Muñoz, Dustin Klein,
Photos – Wilfried Hösl
Um den Bauer schwänzeln Jonah Cook, Matteo Dilaghi, Maria Daniela Gonzales, Erik Murzagaliyev und Dustin Klein als Schweine herum. Als Klangkulisse fungiert die Elektrokomposition „One Pig“ von Matthew Herbert, der die Geräusche aus dem Leben eines Schweins zu rhythmischen Musikstücken geformt hat. Es grunzt, schnaubt, Ketten rasseln, Stalltüren quietschen und die Tänzer vollbringen etwas, was es bisher wohl kaum gegeben hat: Sie spielen gleichzeitig Schweine und Menschen. Denn Kleins Idee vom getanzten Schwein ist weder manieristisch noch allegorisch, sondern natürlich. In die am Boden wuselnden, sich ineinander verknäulenden Wesen lässt sich nichts hinein interpretieren. Sie tun, was alle Lebewesen tun: sehen, futtern, spielen, abstumpfen. Für die Tänzer bedeutet das ausgiebige Bodenarbeit, gepaart mit Unschuld und Hemmungslosigkeit im Ausloten der Rumpf-, Arm- und Beinbewegungen. Umso beeindruckender ist es, wenn Jonah Cook aus der anonymen Schweinefamilie heraustritt und ein kurzes Solo gibt. Staunend über diese große, merkwürdige Welt blickt er um sich und zieht seine unergründlichen, animalischen Schlüsse. Das ist schweinisch, das ist menschlich, das ist alllebendig.
In dem Stück geht natürlich nichts gut aus. Die Lebensgeschichte des Schweins wird bis zur Schlachtung und darüber hinaus vorgetragen. Dustin Klein lässt sich persönlich vom unsichtbaren Elektroschocker betäuben, schlachten, aufhängen und ausweiden. So mancher Zuschauer hat es kommen sehen und ist aus dem Saal geflüchtet. Was, wenn es hier um Menschen ginge, nicht um Schweine? Diese Frage, die unweigerlich in einem hochkommt, erträgt man nicht so leicht. Auch deshalb, weil in einer Szene mehr als 40 Schweinestatisten in einen Stall gedrängt werden – die Anspielung auf Konzentrationslager ist nicht zu übersehen.
Ob die Zuschauer es Klein übel nehmen, dass er sie in die moralische Falle gelockt hat oder dankbar sind, dass er sie auf tänzerische Art aufs Schwein gebracht hat – das wird sich am künftigen Erfolg des gebürtigen Landsbergers zeigen. Lust auf Wiener Würstchen hatte zuletzt jedenfalls niemand mehr.